Netflix Kritik | 6 Underground (Netfilx Review, Rezension, Bewertung) (2024)

Blu-ray Review

OT: 6 Underground

Murdered by Numbers

Ist6 Underground wirklich der bayigste Film, den Michael Bay je gemacht hat?

Inhalt

Was man nicht alles machen könnte, wenn man offiziell tot wäre … Zum Beispiel als Wächter gegen internationales Verbrechen vorgehen.
Den Gedanken hat „One“, der in der Vergangenheit mit Technologie (irgendwas mit Neodym-Magneten) Milliarden verdient hat. Er nutzt sein Kapital und die Idee für die Gründung einer ganz speziellen Spezialtruppe. Fünf weitere offiziell Tote schart er um sich, von denen jeder eine ganz besondere Fähigkeit hat: „Two“ ist eine Ex-CIA-Spionin. „Three“ ein Profikiller, „Four“ ein Dieb und Parcours-Läufer, „Five“ eine Ärztin und „Six“ fährt das Auto. Keiner kennt die echte Identität des Anderen, doch zusammen hat man Großes vor. Immerhin neun Ziele hat „One“ anvisiert, von denen das Erste ein tyrannischer Gewaltherrscher in Turgistan ist, der seine Bevölkerung schon mal mit Gasangriffen dezimiert.
Diesen möchte man gerne absägen und durch den moderateren Bruder ersetzen. Leider endet der Einsatz gegen ihn aber im Chaos. Anstelle wichtige Informationen über ihn zu besorgen, verlieren sie einen der Mitstreiter und müssen sich mit einem weiteren Kollegen, „Seven“, neu formieren. Nach und nach lernen sie dann, wie sie ihre Fähigkeiten bündeln und erfolgreich arbeiten können …

Der teuerste Film, den Netflix je produziert hat … NICHT!
Schon blöd, wenn man zunächst im Marketing damit wuchern möchte, dass man mit6 Underground den bis dato finanzintensivsten Film produziert haben wollte, dann aber von den zusätzlichen Kosten für Martin ScorsesesThe Irishman überrascht wird. Letzterer war mit ca. 100 Mio. Dollar veranschlagt, verschlang durch verschiedene Umstände dann aber 159 Mio., während 6 Underground das anvisierte Budget von 150 Mio. Dollar wohl nicht überschritten hat.
Sei es wie es sei, teuer waren beide. Bei Michael Bay allerdings ist man kaum anderes gewohnt. Das Mastermind hinter Actionklassikern wie Bad Boys oder der Transformers-Filme kann nur groß. Und wenn er es nicht groß macht, macht er es eben noch größer.
Von daher ließ es durchaus aufhorchen, als im Frühjahr 2018 angekündigt wurde, dass Paramount (Bays Haus- und Hofstudio) kein Interesse an der Produktion des Films hatte und Netflix dafür einsprang. Nicht unbedingt nur, weil man Bay erstmals als Regisseur für eine Netflix-exklusive Produktion gewinnen konnte, sondern auch gleich noch einen der derzeit angesagtesten Schauspieler, die Hollywood zu bieten hat: Ryan Reynolds.
Der smarte Akteur war nach ein paar kolossalen Flops wie Green Lantern für eine kurze Zeit in ein kleines Tief gefallen, aus dem er sich mit herrlicher Selbstironie und entsprechenden Rollen selbst wieder herausgezogen hatte. Spätestens seit seinen beiden Deadpool-Filmen ist er ganz oben auf der Einfluss-Skala Hollywoods angekommen. Denn mittlerweile kann sich der Darsteller seine Regisseure für Herzensprojekte selbst aussuchen.

Die Dreharbeiten zu6 Underground begannen Ende Juli 2018, nachdem Netflix das produzierende Studio Skydance Media davon überzeugen konnte, den Film nicht im Kino auszuwerten. Nicht das erste Mal, dass der Streaming-Anbieter einen Film übernahm, der mit Paramount assoziiert war (Skydance arbeitet hauptsächlich mit Paramount zusammen).
Zuletzt war das bei einem weiteren großen Actionfilm so, als Paramount das Interesse an Triple Frontier verlor und Netflix den Actioner mit Ben Affleck ebenfalls exklusiv übernahm.
Natürlich gab es direkt Befürchtungen, dass6 Underground deshalb ein ähnliches Schicksal erleiden würde. DennTriple Frontierwar trotz hochkarätiger Besetzung und hohem Budget erstaunlich langatmig und in den Actionszenen etwas ungelenk geraten.
Auf der anderen Seite ließen Rhett Reese und Paul Wernick aufhorchen. Die beiden Autoren lieferten immerhin die Drehbücher zu Deadpool und Deadpool 2. Es schloss sich also zumindest schon mal ein kleiner Familienkreis Bekannter Filmschaffender zusammen.
Ebenfalls für ein gewisses Interesse sorgte die Alterseinstufung in den USA, denn6 Underground wurde mit einem R-Rating belegt – immerhin der zweitschärfsten Einstufung, die Amerika zu bieten hat. Bay nahm also wieder Abstand von den zuletzt sehr kindgerechten Transformers-Filmen oder dem in den Jugendfilm driftenden Bumblebee.
Und wenn Ryan Reynolds schon wissenschaftliche Beweise dafür anführt, dass Michael Bay hier den bisher Michael Bayigsten aller Michael-Bay-Filme abgeliefert hat; das Barometer auf der Bayhem-Skala also vollen Ausschlag hatte, durfte man also durchaus etwas erwarten. Und wurde nicht enttäuscht!

Denn, mal ehrlich: Was6 Underground in seiner Eröffnungs-Actionszene abfeiert, schlägt so ziemlich alles, was man zuletzt (oder auch schon länger) zu sehen bekam. Die gut 17-minütige Sequenz, die uns atemlos durch Florenz hetzt (gedreht allerdings nicht nur in Florenz, sondern auch in Siena, Rom und Tarento), bietet Bay-Action par excellence. Und sie holt genau das zurück, was die familiengerechten Transformers-Filme zuletzt verloren hatten: Härte.
Das R-Rating erscheint jedenfalls durchaus berechtigt, wenn ein herausgelöster Augapfel genutzt wird, um per Handy-App gescannt zu werden. Und das ist nur eine kleine Anekdote einer schlicht sensationellen Sequenz, in der man Angst um die traditionellen Bauwerke, Säulen und Brunnen der Städte haben muss.
Um solche und ähnliche Szenen möglichst allesamt in der berühmten blauen Stunde einzufangen, wurden übrigens bis zu zehn Kameras gleichzeitig eingesetzt – ein Wahnsinn.
Außerdem gibt der Film hier schon vor, was er im Laufe seiner knapp über zwei Stunden noch weiter zelebriert. Denn genauso herausragend wie die tollen Actionszenen sind die Besuche zahlreicher Schauplätze. Dass6 Undergroundam Ende nicht ganz günstig war, liegt mit Sicherheit auch daran, dass man neben Florenz auch noch Los Angeles, Hongkong, Rom und verschiedene Städte in den Vereinigten Arabischen Emiraten (Abu Dhabi, Al Ain oder Ras Al Khaimah) als echte Kulisse nutzte.

Abgesehen von den absolut „bayigen“ Actionszenen funktioniert natürlich auch der maskulin-machohafte Humor sehr gut (der von den weiblichen Mitgliedern des Teams fast noch deutlicher praktiziert wird als von den Herren). Reynolds behält seine selbstironische Art und darf die unglaubliche Action auch schon mal innerhalb des Films erstaunt kommentieren.
Was natürlich klar sein sollte: Bitte nichts von alldem zu ernst nehmen!
Bitte das Hirn vor dem Einschalten am besten auf intellektuelle Sparflamme schalten und sich entsprechend berieseln lassen!
Bitte vor allem das (zwar komplexe) letztlich aber etwas unnötig Haken schlagende Drehbuch (inkl. der zahlreichen und bald nervigen Zeitsprünge/Flashbacks) nicht auf seinen Inhalt abtasten.
Denn was man in 6 Underground ebenso wenig suchen sollte wie in allen anderen Bay-Filmen, sind tiefgründige Kommentare auf politische Ereignisse oder Begebenheiten. Würde man dies tun, ärgerte man sich kolossal über die völlig schwarz-weiß gezeichnete Art und Weise. Auch die brutal-ernsten und bedrückenden Bilder von Gasopfern in Turgistan korrelieren nur bedingt mit dem ansonsten so locker-sarkastischen Ton.
Nicht erwarten sollte man auch fundamentale Erklärungen zu den tatsächlichen Vorteilen, tot zu sein und sich als Weltretter aufzuschwingen. Abgesehen davon, dass die Protagonisten diesen angeblichen Vorzug immer wieder betonen, gibt’s keinen Anhaltspunkt, dass den Sechs das irgendwie helfend in die Karten spielt.
Und wer klassische Action bevorzugt, wird auch mit der überstilisierten Eröffnung (so sensationell sie auch gefilmt ist) seine Probleme haben: Zeitlupen, Vorstellungen der einzelnen Team-Mitglieder durch Einblendungen wie in Computergames, in Slow-Motion heraus schießendes Blut aus Arterien, Flashbacks – man nenne ein Stilmittel und es ist vorhanden. Das ist in der Tat over the top – und wird klassischen Actionfans hier und da echt ein bisschen zu viel sein.
Zumal Bay sich einen feuchten Kehricht um die Kollateralschäden kümmert. Umfährt das Team noch gekonnt ein paar kleine Hunde, dezimiert sie die Einwohnerzahl von Florenz um gut zwei Dutzend Zivilisten. Ist ja auch egal, die sechs Namenlosen entkommen ja unerkannt. Da muss man schon mal ein Auge zudrücken, um es nicht fragwürdig zu finden.
Das Gleiche gilt auch für die Gewalt. Was den einen freuen wird, weil’s nicht zu zimperlich ist, wird den anderen anwidern. Zeitlupen-Kopfschüsse oder auch mal die matschigen Überreste eines abgeschossenen Kopfes haben schon fast Splatter-Niveau und deren Resultate beschäftigen den Zimmerservice sicherlich eine gewisse Zeit.

Bild- und Tonqualität

Netflix hat in der Regel den Anspruch, die eigens produzierten Filme in echtem 4K abzuliefern. Und das ist bei6Underground nicht anders. Bay hat seinen Film von Kameramann Bojan Bazelli mit unterschiedlichen Geräten und Optiken einfangen lassen. Hauptkameras waren meist Red Weapons mit Monstro-Sensor. Dazu gesellten sich Sony-Venice-Kameras für die Interieur-Aufnahmen in den Autos sowie Red Ravens an Drohnen und vereinzelte Shots mit einer analogen Arriflex 35. Letztere kam häufig für dynamische Handkamera-Action zum Einsatz und machte ca. 10% des Films aus (Interessantes Interview mit DP Bazelli).
Das digital gefilmte Material lag eh in 4K vor, vom 35mm-Film wurde auch ein 4K-Scan angefertigt, sodass einem 4K Digital Intermediate nichts im Weg stand. Hinzu gesellt sich bei Netflix in aller Regel ein Dolby-Vision-Mastering für dynamische HDR-Kontraste – natürlich auch hier.
Das Bild selbst liefert dann dermaßen knallige, neonbunte Farben, dass es oft an einen anderen Netflix-Titel (bzw. dessen Eröffnung) erinnert: Polar.
Der genutzte Fluchtwagen zu Beginn ist neongrün. Das missfällt nicht nur „One“, es ist auch eine Herausforderung für jeden Fernseher. Aber es knallt, so viel ist klar. Zumal sich bisweilen noch andere Neonfarben hinzu gesellen und selbst normale Gelb- oder Rot-Töne wirken extrem offensiv.
Hinzu gesellen sich die von Bay bekannten überhöhten Kontraste, die man aus den Transformers-Filmen kennt. Lens-Flares gibt’s natürlich ebenfalls und eine gewisse Körnung ist den Bay-Filmen auch stets innewohnend. Da man dies von seinen Actionfilmen aber kennt, erwartet man es und es wirkt auch stets passend. Zu den überknalligen Farben gesellt sich noch eine stets sensationell gute Schärfe – nicht nur in den famos gut aufgelösten Close-ups. Schwarzwerte sind knackig und nur ab und an sumpfen Details etwas ab, wenn die teils arg steilen Kontraste zupacken. Außerdem gibt’s hin und wieder leichte Randunschärfen im unteren Bereich.

Beim Sound fährt Netflix ebenfalls die bekannte Schiene für die großen Titel. Soll heißen: Dolby Atmos mit Dolby-Digital-Plus-Kern fürs Englische und Dolby Digital Plus ohne Atmos fürs Deutsche. Dass die Synchro weiterhin (bis auf wenige Serien beim Anbieter) ohne Atmos auskommen muss, ist sicherlich schade. Doch man muss hier halt nehmen, was man bekommt.
Für sich alleine klingt die DD+-Spur allerdings wirklich gut. Keine Anzeichen von den Problemen, die man beiTriple Frontiernoch ausmachen konnte.
6 Underground legt dabei hauptsächlich Wert auf massiven Tiefbass. Meist während der Schüsse, vor allem aber während des pumpenden Scores (75’30). Das geht dann schon mal an die Grenze dessen, was kleinere Subwoofer so vertragen können. Allerdings, und das ist durchaus ein kleines Manko, lässt es die Tonalität etwas dumpf erscheinen. Höhen und Mitten wirken beschränkt und etwas belegt.
Wirklich gut sind aber die Stimmen, die sehr präsent aus dem Center kommen und für eine Synchro wirklich griffig sind.

Die Atmos-Fassung des O-Tons kommt zunächst einmal mit identischer Dynamik und Räumlichkeit. Gegenüber der deutschen Synchro unterscheidet sich das praktisch nicht. In Sachen 3D meldet sich der Ton erstmalig während der Kunstflug-Elemente zu Beginn. Da wird dann schon mal ein Flip-over aus den Heights unterstützt. Die Actionszene danach bleibt allerdings meist auf die reguläre Ebene beschränkt, lässt aber den Helikopter schon mal von oben erklingen.
Hier wäre während der irrwitzigen Action-Momente, Explosionen und dem Produzieren von Metallschrott durchaus noch mehr drin gewesen.
Helikopter sind es dann auch, die in der zweiten Sequenz (Afghanistan) und auch in der Folge (44’45) aus den Höhen-Speakern zu hören sind.
Allerdings bleibt’s von oben auch während des Gasangriffs still, obwohl gerade Zeitlupensequenzen prädestiniert wären für entsprechende 3D-Sounds.
Bei 59’10 gibt’s dann wieder eine hübsche 3D-Nutzung, wenn der kommende „Four“ durch die Decke kracht und die Kranbewegung nach 67’45 hört man ebenso aus den Heights. Warum aber beispielsweise nicht den THX-Sound nach 72’30, der für die Bösewichte sehr raumfüllend sein muss und sich für den Zuschauer leider nur auf die reguläre Ebene beschränkt. Auch umherfliegende Projektile und Querschläger finden sich nicht auf den Heights ein. Immerhin allerdings der zerspringende Pool und dessen Wassermassen (77’35). Auch die Schüsse und Explosion bei Fours spektakulärer Flucht sind dann mal auf den Höhenspeakern abgelegt – insgesamt die beeindruckendste 3D-Sequenz (ab 84’25). Am Ende kommen dann noch mal Kampfjets hinzu (100’37) sowie ein paar Geräusche beim Einsatz der Magneten. Gerade letztere Szenen hätten aber noch wesentlich mehr und vor allem deutlichere 3D-Sounds haben können.

Fazit

Dieses war der erste Streich. Wenn Michael Bay 6 Underground tatsächlich als Eröffnung eines Franchises angelegt hat, dem noch acht Filme folgen könnten (immerhin gibt’s neun Bösewichte auf der Liste), dann darf man noch einiges an Action erwarten.
Wohl aber nicht an Tiefgang und Differenziertheit. Denn das kann dieser (bisher) bayigste aller Bay-Filme (erneut) nicht bieten.
Deshalb: Hirn aus, Netflix an, Receiver auf Volldampf – und ab dafür!
Timo Wolters

Bewertung

Bildqualität: 90%

Tonqualität (dt. Fassung): 90%

Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (Originalversion): 90%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 50%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 75%

Film: 60%

Anbieter: Netflix
Land/Jahr: USA 2019
Regie: Michael Bay
Darsteller: Ryan Reynolds, Adria Arjona, Mélanie Laurent, Ben Hardy, Dave Franco, Sebastian Roché, Corey Hawkins, Manuel Garcia-Rulfo
Tonformate: Dolby Atmos (DD+-Kern): en // Dolby Digital Plus: de
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 129
Real 4K: Ja
Datenrate: 15.25 Mbps
FSK: 16

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Netflix)

Trailer zu 6 Underground

„6 Underground“ mit Ryan Reynolds | Offizieller Trailer | Netflix

Netflix Kritik | 6 Underground (Netfilx Review, Rezension, Bewertung) (2024)
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